Rezension über das Buch von Miriam Funk, Mabuseverlag, 2017 erschienen.

„Von meinem Partner kam nach der ersten Fehlgeburt leider wenig Verständnis. Sein Kommentar war, dass es nur ein Zellhaufen gewesen sei. Nach der zweiten Fehlgeburt sparte er zwar mit solchen Kommentaren, aber wirklich geredet haben wir bis heute nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass er nachvollziehen kann, dass es für mich meine Kinder waren, die ich verloren habe.“ (8.SSW), S. 80.
Als Grundlage für diesen Ratgeber wurden 430 betroffene Frauen befragt und ihre Erfahrungen zeigen, wie alleingelassen sich Frauen mit dieser Thematik fühlen. Tatsache ist, dass über diesem Thema ein großes Schweigen liegt, verbunden mit Schuldgefühlen, die manche ein ganzes Frauenleben begleiten .
Tabuthema Fehlgeburt
Die Autorin, Chefredakteurin eines Internetportals über Schwangerschaft und Frauenmedizin, greift ein Tabuthema auf, das 20% aller Frauen betrifft: eine Fehlgeburt. Und sie hat dazu ein wertvolles Buch geschrieben. Für betroffene Frauen, FrauenärztInnen, Hebammen, Krankenschwestern und PsychotherapeutInnen.
Im medizinischen Kontext wird dieses Geschehen als „normal, besser als ein behindertes Kind“ und ähnlich pragmatischen Aussagen begleitet. Der damit verbundene emotionale Anteil für die Frauen wird völlig ausgeblendet. Es besteht die fälschliche Annahme, dass eine frühe Fehlgeburt für eine Frau weniger bedeutungsvoll ist wie bei einem größeren Kind.
Die Fantasie der Eltern über ihr ungeborenes Kind beginnt aber lange vor der Geburt. Und sie hält sich nicht an Zeiträume. Es geht um Wünsche und Sehnsüchte. Wie wird unser Kind aussehen? Wie wird es sein? Sieht es uns ähnlich? Es geht um ein Wesen , das im schönen Fall aus einer Liebesbeziehung entsteht.
Wenn es zu einer Fehlgeburt kommt, ist dieser Prozess jäh beendet. Es geht um den Umgang mit diesem traumatisierenden Ereignis. Dafür kann dieses Buch sensibilisieren.
Sehr informativ werden medizinische Details und rechtliche Fragen erörtert. Im frauenmedizinischen Bereich ist es üblich , eine Fehlgeburt möglichst schnell zu beheben und den Frauen keine Zeit zu lassen, ihren Schock über das Ereignis zu überwinden. Hier wird aufgezeigt, welche alternativen Behandlungsmöglichkeiten wie z.B. eine stille Geburt es für Frauen geben kann.
Nur etwa 47% der befragten Frauen bekamen die Möglichkeit ihr Kind zu beerdigen, obwohl dies seit 2013 möglich ist. Die Sternenkinder, wie die ganz kleinen Babys genannt werden, können auf Sternenfeldern beerdigt werden, oder in das Familiengrab gegeben werden. So gibt es einen Ort, an dem man trauern kann, an dem geweint und über das verstorbene Kind gesprochen werden darf.
Dieses Buch ist eine Empfehlung für alle betroffenen Frauen und ExpertInnen , die mit Frauen arbeiten. Es ist ein großer Appell an die Frauenheilkunde, psychotherapeutisches Wissen in einen medizinischen Kontext einzubetten und um das Recht der Frauen auf Mitbestimmung in einer schwierigen Situation.
Rezension von Dr. Susanne Skriboth-Schandl
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